Entscheidung des Monats November 2023

Strafrecht - Ein Häftling im bgH?! §§ 113 ff. und der strafrechtliche Rechtmäßigkeitsbegriff

Hinweis vom HLB-Team: Mit zweierlei Maß misst zuweilen der Gesetzgeber. Beispiele für eine solche gesetzliche Privilegierung bestimmter Bevölkerungs- oder Berufsgruppen sind selbst dem geschulten Rechtsanwender meist nicht auf Anhieb geläufig, da sie regelmäßig nur wenig Praxisrelevanz entfalten. In den Strafverfolgungsstatistiken dominiert die ubiquitäre Delinquenz (laut aktuellen Statistiken insbesondere Cyberkriminalität, wie Waren- und Dienstleistungsbetrug, Beleidigung im Internet oder Missbrauch persönlicher Daten) und überschattet die Prävalenz von Delikten wie „Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“ (§ 188 StGB) oder „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“ (§ 90 StGB).

Eine Ausnahme bilden die §§ 113 ff. StGB. Sie verkörpern wohl die klausurwichtigsten Tatbestände, wenn es um Straftaten gegen Amtsträger geht. Schutzgut ist die staatliche Dienst- und Vollstreckungstätigkeit. Die Ausübung von Zwang gegen andere Personen ist im Allgemeinen durch den Tatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) unter Strafe gestellt. Richtet sich der Zwang jedoch gegen einen Amtsträger beim Vollzug einer konkreten hoheitlichen Maßnahme, ist § 113 StGB Spezialvorschrift gegenüber § 240 StGB und verdrängt diesen auf Ebene der Konkurrenz (h.M.). Praktische Relevanz erfährt dieser Bereich aktuell nicht zuletzt aufgrund diverser medienwirksamer (Klima-)Demonstrationen und diesbezüglicher Entscheidungen (vgl. z.B. KG Berlin, Beschl. v. 16.8.2023 – 3 ORs 46/23 – 161 Ss 61/23, NJW 2023, 2792).

Diesen Monat nehmen wir uns einer Entscheidung des Oberlandesgerichts („OLG“) Frankfurt a. M. vor (3. Strafsenat, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423) und liefern dem Leser spannende Einblicke in den Alltag einer deutschen Justizvollzugsanstalt. In diesem „besonderen Gewaltverhältnis“ kommt es naturgemäß zu angespannten Situationen, die Widerstandspotentiale bieten (zur Geltung von Grundrechten im „besonderen Gewaltverhältnis“ vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1972 – 2 BvR 41/71, BVerfGE 33, 1). Die Entscheidung beleuchtet dabei den „strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriffdes § 113 Abs. 3 StGB. Die dogmatische Vertiefung gibt euch alles Nötige an die Hand, um diese Fragen zu beantworten und euch in der Systematik der §§ 113 ff. StGB zurecht zu finden. Viel Spaß bei der Lektüre!

 

Die Hintergründe der Entscheidung

Dem Urteil des OLG Frankfurt a.M.[1] liegt ein Zwischenfall zugrunde, welcher sich im Jahr 2021 in einer Justizvollzugsanstalt in Hessen ereignete. Im der Haftraum eines Strafgefangenen kam es zu einem versehentlichen Bruch der Fensterscheibe. Glassplitter zierten den Boden der Zelle. Um die notwendigen Reparatur- und Sicherheitsmaßnahmen vornehmen zu können, teilte ein Justizvollzugsbeamter dem Strafgefangenen (Angeklagten) mit, dass er den Haftraum verlassen müsse. Hiermit war dieser nicht einverstanden, was er lautstark und verbal aggressiv zum Ausdruck brachte. Aufgrund der seiner Einschätzung nach gefährlichen Situation entschied sich der Justizvollzugsbeamter, gemeinsam mit weiteren Beamten unter Anlegung von Schutzkleidung einschließlich Schutzhelmen und -handschuhen den Haftraum zu betreten und den Strafgefangenen herauszuholen. Nach der Entscheidung des dienstranghöchsten Beamten vor Ort sollte der Strafgefangene nicht in einen normalen Haftraum, sondern in den besonders gesicherten Haftraum verbracht werden. Dazu forderte er weitere Verstärkung an. Als die Beamten den Haftraum betraten, den Strafgefangen aufforderten, sich auf den Boden zu legen, und dieser erkannte, dass er aus seiner Sicht ungerechtfertigt in den besonders gesicherten Haftraum verbracht werden sollte, leistete er erhebliche Gegenwehr. Im Rahmen eines massiven und lautstarken Gerangels  schlug er u.a. einem Beamten auf den behelmten Kopf, verdrehte einem Beamten den Daumen und biss ihm in den Handschuh. Es vergingen mehr als 5 Minuten bis der Strafgefangene auf dem Boden fixiert werden konnte.

Das Amtsgericht Kassel verurteilte den Strafgefangenen wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Demgegenüber sprach das Landgericht Kassel den Strafgefangenen frei. Nach Auffassung der Kammer nach hatten die Vollstreckungsbeamten rechtswidrig gehandelt, da die Verbringung des Gefangenen in den besonders gesicherten Haftraum („bgH“) nicht durch den Anstaltsleiter oder dessen Stellvertreter angeordnet wurde und auch keine Gefahr in Verzug vorlag. Der Strafgefangene habe deshalb in Notwehr gehandelt. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft vor dem OLG Frankfurt a.M.[2]

 

 

Die Entscheidung

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 27.01.23 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kleine Strafkammer des LG zurückverwiesen (§ 355 StPO); ein vollständiger Freispruch von allen Anklagepunkten kommt nicht in Betracht.[3]

  1. Strafbarkeit gem. §§ 113, 114 StGB

Hinweis: Im Gegensatz zu § 113 StGB setzt der § 114 StGB schlicht die bloße dienstliche Tätigkeit durch den Vollstreckungsbeamten voraus, nicht die Vornahme einer konkreten Vollstreckungshandlung. Daraus folgt, dass § 114 StGB auch solche tätlichen Angriffe erfasst, die während der Durchführung allgemeiner Diensthandlungen (Streifenfahrt, Befragung etc.) erfasst. Dies gewährleistet einen umfassenden Schutz der Beamten selbst, nicht (nur) des staatlichen Handelns. Die Prüfschemata der §§ 113, 114 StGB laufen dabei aufgrund der gesetzgeberischen Verweistechnik in § 114 StGB weitgehend simultan.

Der Strafgefangene hat die Justizvollzugsbeamten in Ausübung ihrer Tätigkeit im Sinne des § 114 Abs. 1 StGB willentlich tätlich angegriffen, indem er während des Gerangels auf diese körperlich einwirkte, insbesondere einem Beamten den Daumen verdrehte und in den Handschuh biss sowie einem weiteren Beamten auf den Helm schlug.

Fraglich ist allerdings, ob die Diensthandlung rechtmäßig war. Über § 114 Abs. 3 StGB findet die objektive Strafbarkeitsbedingung[4] des § 113 Abs. 3 StGB Anwendung, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB ist. Dies ist hier der Fall. Die Justizvollzugsbeamten haben als Amtsträger die nach § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HVollzG angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum durchgesetzt.

Ausgehend von der Auffassung des Landgerichts prüft das Oberlandesgericht nunmehr, ob erstens die Anordnung der zwangsweisen Verbringung in den besonders gesichterten Haftraum ohne weitere Deeskalierungsversuche, zweitens die fehlende Ankündigung der Anwendung unmittelbaren Zwangs sowie drittens die fehlende Zuständigkeit zur Anordnung der Verbringung in den besonders gesicherten Haftraum zur Rechtswidrigkeit der Diensthandlung im Sinne des § 113 Abs. 3 StGB führen.

  1. Anordnung ohne weitere Deeskalationsversuche

Im Ausgangspunkt hebt das Oberlandesgericht hervor, dass Versuche der Deeskalation im Umgang mit aufgebrachten Strafgefangenen von großer Bedeutung sind und ihr Fehlen u. U. auch Folgen für die rechtliche Bewertung von Vollzugsmaßnahmen haben kann.[5] Vor dem Hintergrund schließt der erkennende Senat nicht aus, dass ein geschulter und motivierter Beamter bei dem 1. Aufsuchen des Strafgefangenen gute Chancen gehabt hätte, diesem zu erklären, dass es sich angesichts der Gefährlichkeit der Scherben im Haftraum unabhängig von dessen Person nicht vermeiden lasse, den Gefangenen für kurze Zeit in einen anderen Haftraum unterzubringen, bis sichergestellt sei, dass sich im Haftraum keine als Waffe einsetzbaren Scherben mehr befanden.[6] Dass der anordnende Beamte angesichts der Reaktion des Strafgefangenen sich gleichwohl dafür entschieden hat, den Haftraum ohne weitere Erörterungen zu verlassen und die nötigenfalls zwangsweise Verbringung des Strafgefangenen in einen besonders gesicherten Haftraum anzuordnen, war nach Auffassung des Senats aber nicht materiell rechtswidrig i. S. des HStVollzG.[7] Denn bei der Fesselung und der Verbringung in einen besonders gesicherten Haftraum handele es sich um besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 51 Abs. 2 Nrn. 5 und 6 HStVollzG. Diesbezüglich stehe der Anstalt ein Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zu, der von den Gerichten nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen sei. Selbst wenn man die Entscheidung, keine weiteren Gesprächsversuche zu unternehmen, für rechtswidrig i. S. des HStVollzG halten würde, läge hier allenfalls ein Beurteilungsfehler vor, der jedenfalls nicht als rechtswidrig i. S. von §113 Abs. 3 StGB einzuordnen sei.

 

 

  1. Fehlende Ankündigung der Anwendung unmittelbaren Zwangs

Anders als Landgericht meint, waren die Beamten nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht verpflichtet, die beabsichtigte Anwendung unmittelbaren Zwangs gem. § 53 Abs. 4 HStVollzG vorher ausdrücklich anzukündigen.[8]

Die Beamten durften davon absehen, die Rückkehr durch mehrere Beamte in Schutzkleidung, um den Gefangenen zu fesseln und in einen anderen Haftraum zu verbringen, anzukündigen, da die sofortige Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Abwehr einer Gefahr notwendig war (§ 53 Abs. 4 S. 2 HStVollzG). Bedenkt man neben der nicht unbeträchtlichen Aggressivität des Strafgefangenen, dass sich Glasscherben im Haftraum befanden, so ist gegen die Beurteilung, dass man die vom Strafgefangenen missbilligte Verbringung in einen anderen Haftraum nicht ankündigen sollte, um so die Wahrscheinlichkeit möglichst gering zu halten, dass er sich mit einer als Waffe geeigneten Scherbe bewaffnen und die Beamten damit angreifen werde, von Rechts wegen nichts zu erinnern. Insbesondere bereitet das Tragen von Schutzkleidung keinen vollständigen Schutz.[9]

  1. Fehlende Zuständigkeit

Da es sich bei dem besonders gesicherten Haftraum nicht um einen gewöhnlichen Haftraum handelt, bestimmt das HStVollzG gewisse formelle Anforderungen an damit verbundene Vollstreckungshandlungen. Die Verbringung ist nach dem HStVollzG rechtswidrig i.S.d. § 113 Abs. 3 StGB, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden.

  1. Verfahrensfehler

So muss gem. § 50 Abs. 2 Nr. 5, § 51 Abs. 1 S. 1 HStVollzG vor der Verbringung eines Häftlings in einen besonders gesicherten Haftraum vorher durch den Anstaltsleiter oder dessen Vertreter eine diesbezügliche Anordnung ergehen. An einer solchen fehlte es jedoch hier, woraus ein unheilbarer Verfahrensfehler folgte. Bemerkenswert ist hierbei die Ergründung des Telos der Norm, welcher einer zunächst denkbaren, auf § 75 Abs. 1 S. 2 HStVollzG gestützten Delegation der Entscheidung auf den jeweils ranghöchsten vor Ort anwesenden Beamten entgegensteht: Es ist gerade Sinn der Entscheidungszuständigkeit nach §§ 50, 51 HStVollzG, dass der Sachverhalt „sine ira et studio[10] durch einen am gegenständlichen Sachverhalt nicht unmittelbar beteiligten übergeordneten Bediensteten“ bearbeitet wird.[11] Wer sich nun fragt, wie der Sachverhalt zu beurteilen ist, wenn zeitliche Not besteht, dem hilft das HStVollzG selbst ab. „Den praktischen Bedürfnissen nach einer Sofortentscheidung zu jeder Tages- und Nachtzeit wird durch die Eilanordnungsbefugnis des S. 2 genügt“.[12]

  1. Sofortentscheidung bei Gefahr im Verzug

Gem. § 51 Abs. 1 S. 2 HStVollzG könnte Gefahr im Verzug eine Sofortentscheidung der handelnden Beamten gerechtfertigt haben. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Entscheidung des Anstaltsleiters oder dessen Vertreters nicht hätte vorher eingeholt werden können. Es verging jedoch ein erheblicher Zeitraum zwischen dem Bruch der Scheibe und der tatsächlichen Verbringung des Strafgefangenen, in welcher u.a. Verstärkung angefordert wurde. In dieser Zeit hätte ohne Weiteres Kontakt zum (stellvertretenden) Anstaltsleiter mitsamt Einholung einer Eilentscheidung aufgenommen werden können. Eine mögliche Gefahr lag insbesondere nicht darin, dass der Gefangene sich mit einer Scherbe bewaffnen würde, um mit dieser später (qualifizierten) Widerstand zu leisten. Im Gegenteil war diese Gefahr bereits mit Bruch der Scheibe eingetreten.[13] Die Beamten versuchten hier nicht einmal die Kontaktaufnahme, sondern gaben sich dem Irrglauben hin, die Aufklärung des stellvertretenden Anstaltsleiters vor gestellte Tatsachen sei ausreichend. Dieser Verfahrensfehler begründet somit die Rechtswidrigkeit i.S.d. HStVollzG.[14]

  1. c) Rechtswidrigkeit im Sinne des § 113 Abs. 3 S. 1 StGB

Diese Rechtswidrigkeit nach dem HStVollzG müsste auch die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung i.S.v. § 113 Abs. 3 S. 1 entfallen lassen. So streitig die Grenzen des „strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriffs“[15] auch seien mögen, sei weitgehend anerkannt, dass es – mangels schutzwürdiger Interessen des Staates daran, staatliche Vollstreckungshandlungen strafrechtlich zu schützen, wenn diese bereits formell rechtswidrig sind – jedenfalls dann an der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungshandlung fehlt, wenn die Entscheidung für die Vollstreckung von einem unzuständigen Beamten getroffen wird.[16]

Eine strengere Strömung nimmt eine strafrechtliche Rechtmäßigkeit selbst dann an, wenn bei formell rechtswidrigen Vollstreckungshandlungen „etwaige Rechtsfehler aber nur begrenztes Gewicht hätten“.[17] Eine derartig übermäßig ausdehnende Auslegung kollidiert jedoch in nicht unerheblichem Maße mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz sowie dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Zudem kann den legitimen Schutzinteressen der Vollzugsbeamten bereits durch angemessene Einschränkungen des Notwehrrechts des Widerstandleistenden und dem § 114 StGB ausreichend Rechnung getragen werden.[18]

Jedenfalls nach h.M. ist im Ergebnis die objektive Strafbarkeitsbedingung gem. § 113 Abs. 3 S. 1 StGB– namentlich die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung der Vollstreckungsbeamten – aus o.g. Gründen nicht gegeben.

Ergebnis: S hat sich nicht gem. § 114 StGB strafbar gemacht. Auch eine Strafbarkeit wegen § 113 StGB scheidet folgerichtig aus.

  II. Strafbarkeit gem. § 223 Abs. 1 StGB

Der Strafgefangene misshandelte körperlich einzelne Justizvollzugsbeamte, indem er bei einem Beamten den Daumen verdrehte und ihm in den Finger biss sowie einem weiteren Beamten auf den Helm schlug. Er tat dies unter billigender Inkaufnahme des Erfolgseintritt, mithin vorsätzlich, § 15 StGB.

Er müsste auch rechtswidrig gehandelt haben.

Hierin liegt nun die Krux und maßgebliche Erkenntnis der vorliegenden Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.: Der tatbestandsspezifische strafrechtliche Rechtmäßigkeitsbegriff des § 113 Abs. 3 StGB gebietet hinsichtlich des allgemeinen strafrechtlichen Notwehrrechts gem. § 32 StGB zu differenzieren. „Für diese Differenzierung spricht auch der Wortlaut des § 113 Abs. 3 StGB: Die Tat ist „nicht nach dieser Vorschrift“ strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist.“[19] So können die Einschränkungen des Rechts, sich durch Notwehr gegen eine staatliche Vollstreckungsmaßnahme zu verteidigen, weitergehen, als die Einschränkungen des Rechtswidrigkeitsbegriffs in § 113 Abs. 3 StGB.[20] Das hat wiederum zur Folge, dass derjenige, der nicht nach §§ 113, 114 StGB bestraft werden kann, sich durchaus nach anderen Normen des StGB, z.B. § 223 StGB, strafbar machen kann. Die Vertreter eines ausgedehnten Rechtmäßigkeitsbegriffs (s.o.) nahmen regelmäßig ein vollumfängliches Handeln in Notwehr und damit eine vollumfängliche Rechtfertigung an.

Im Ergebnis steht zwar auch dem Strafgefangenen im „besonderen Gewaltverhältnis“ grundsätzlich ein Notwehrrecht zu. Immerhin hat er mit dem Einzug ins Gefängnis nicht seine notwehrfähigen Rechte abgetreten oder verloren, namentlich das Recht, nicht in einen besonders gesicherten Haftraum verbracht zu werden.[21] Er ist also nicht rechtslos. Der Angriff der Beamten war zudem gegenwärtig.

Jedoch könnte es vorliegend hinsichtlich der Körperverletzung der Beamten an der Gebotenheit[22] der in Trutzwehr verübten Verteidigungshandlung des Strafgefangenen mangeln, soweit man überhaupt eine generelle Eignung dieser Verteidigungsmaßnahme gegen die Übermacht der raupenformierten Beamten in Schutzanzügen annehmen möchte.[23]

Nach Auffassung des Senats sei grundsätzlich von einem Strafgefangenen zu verlangen, zur Geltendmachung von Rechtsfehlern der Vollzugsbeamten den Rechtsweg zu beschreiten (vgl. zu diesem Kriterium § 113 Abs. 4 S. 2 StGB). Insoweit hätte dem Strafgefangenen ein Eilantrag nach § 114 Abs. 2 StVollzG offen gestanden. Allein die Antragstellung hätte zwar keine aufschiebende Wirkung gehabt, so dass Rechtsbehelfe die faktische Durchsetzung der Anordnung nicht rechtzeitig verhindern konnten. Der Strafgefangenen hätte aber angesichts der Schwere des Eingriffs immerhin die Möglichkeit gehabt, nachträglich Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben[24] und so die Rechtmäßigkeit des Handelns der Vollzugsbeamten zumindest einer nachträglichen Kontrolle zu unterwerfen. [25] Zur ausnahmsweise genauer zu prüfenden Gebotenheit führt das Gericht aus:

„Der angesichts der zu Recht bestehenden staatlichen Übermacht ohnehin kaum geeignete Versuch, seine Rechte mit körperlicher Gewalt durchzusetzen, war jedenfalls soweit der Angeklagte, wie vom Landgericht festgestellt, vorsätzlich die Verletzung von Beamten in Kauf genommen hat, grob unverhältnismäßig. Es bedarf der Berücksichtigung, dass die Gewalt hier von grundsätzlich zur staatlichen Gewaltausübung legitimierten Beamten ausgeübt wurde, die bei ihrer Dienstausübung des Schutzes bedürfen. Darauf, dass es extreme Fälle Missbrauchs staatlicher Macht geben könnte, in denen der Stempel der Rechtswidrigkeit des Handelns dermaßen offenkundig ist, dass Notwehr sogar Körperverletzungen rechtfertigen könnte, kommt es vorliegend nicht an.“[26]

Die bloße Verkennung der Anordnungskompetenz bzw. der Reichweite des Begriffs der Gefahr im Verzug durch die Vollzugsbeamten rechtfertige es nach Auffassung des Senats jedenfalls vorliegend nicht, sich mit körperlichen Angriffen gegen die Vertreter des staatlichen Gewaltmonopols zu wehren. Diejenigen über die Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit hinausgehenden zusätzlichen Einschränkungen, die in der Rechtsprechung und Literatur teilweise als erweitertes Verständnis des Begriffs der „strafrechtlichen Rechtswidrigkeit“ im Sinne von § 113 Abs. 3 StGB vertreten werden, hätten ihre Berechtigung stattdessen als Einschränkungen des Notwehrrechts gegen staatliches Vollstreckungshandeln.[27]

Vielmehr hatten also die Beamten im konkreten Geschehen des übermäßig aggressiven Strafgefangenen ihrerseits ein Notwehrrecht. Anders wäre der Fall möglicherweise zu beurteilen, wenn sich das Verhalten des Strafgefangenen darauf beschränkt hätte, sich nur mit aller Gewalt am Bett oder der Haftraumtür festzuhalten, ohne Verletzungen der Beamten billigend in Kauf zu nehmen.[28]

Dogmatische Vertiefung

Sollten hinsichtlich der §§ 113 ff. StGB noch ein paar Unklarheiten bestehen, so befindet ihr euch in bester Gesellschaft. Manche Autoren[29] werfen nicht zuletzt dem Gesetzgeber systematische Verfehlungen vor, die bis heute bestehen. Für das bessere Verständnis einen kurzen rechtshistorischen Ausflug: Ursprünglich sollte der § 113 StGB eine gesetzliche Privilegierung der Widerstandshandlung im Verhältnis zu der Nötigungshandlung i.R.d. § 240 StGB schaffen. Sinn und Zweck war es, den besonderen Gewaltverhältnissen während einer Vollstreckungssituation und den daraus erwachsenden emotionalen Erregungen des Bürgers gegenüber den Staatsbediensteten gerecht zu werden: Infolge dieser Stresssituation wurde ein das Unrecht eines gewaltsamen Aufbegehrens mindernder Umstand angenommen. Polizeigewerkschaften und Politik konnten jedoch im Jahr 2011 im Kontext steigender Fallzahlen[30] bzgl. des § 113 StGB eine Strafschärfung sowie eine Ausweitung des direkten persönlichen Schutzbereichs auf weitere Personengruppen wie Feuerwehrleute, Angehörige von Rettungsdiensten & Katastrophenschutz durchsetzen. Dies führte schließlich zu diversen dogmatischen Ungereimtheiten, nicht zuletzt auf konkurrenzrechtlicher Ebene.

I.          Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, §§ 113, 115

Hinsichtlich der Prüfung des § 113 StGB in der Klausur braucht Ihr euch trotzdem keine Sorgen machen, denn lässt sich das Prüfungsschema einfach aus dem Gesetz lesen (gerne einmal aufschlagen!).

Zunächst braucht es im objektiven Tatbestand einen „Amtsträger“. Hier hilft bezüglich der Definition das Gesetz in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Der Begriff erstreckt sich grundsätzlich nur auf inländische Beamte oder Richter, wird aber durch Art. 7 Abs. 2 Nr. 5 StrRÄG IV auf Soldaten und Beamte der in der BRD stationierten NATO-Truppen erweitert; der Schutz von § 113 StGB kann sogar ausländischen Beamten zugutekommen, sofern sie durch internationale Verträge, etwa bei der Pass- und Zollkontrolle, in den Schutzbereich einbezogen sind.[31] In der Klausur wird u.U. ein Ordnungsbeamter tätig. Hier ist dann die falsche Fährte zu erkennen und stattdessen auf die §§ 114 f. StGB auszuweichen.

Der Amtsträger ist sodann nicht schlechthin taugliches Objekt einer Widerstandshandlung, sondern nur, wenn er auch zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Verfügungen berufen ist. Der Begriff der Vollstreckungshandlung erfasst sodann gegenständlich alle gezielten Vollstreckungsmaßnahmen „zur Durchsetzung des bereits durch Gesetz, Verordnungen, Gerichtsbeschlüsse, Verwaltungsakte oder Allgemeinverfügungen festgelegten staatlichen Willens“[32] im konkreten Einzelfall.

Bei der Vornahme dieser Vollstreckungshandlung des Amtsträgers müsste der Angeschuldigte mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand geleistet haben.

1.      Anforderungen an die Widerstandshandlung (insb. Klimakleber)

Bei der Auslegung des § 113 StGB ist dabei zu beachten, dass die Norm nicht die Strafbarkeit des vollstreckenden Beamten, sondern die des Bürgers bestimmt.[33] Maßgeblich ist also die Frage, unter welchen Umständen Widerstand als strafbedürftig erscheint. Das kann allenfalls dann anzunehmen sein, wenn die staatliche Vollstreckungstätigkeit als schutzbedürftig erscheint. „Das ist sie jedoch nur dann, wenn der Bürger im Einzelfall zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet ist“.[34] Unter Widerstand ist deshalb jedes aktive, gegen den Vollstreckungsbeamten gerichtete Verhalten zu verstehen, das nach der Vorstellung des Täters die Vollstreckungshandlung erschweren oder verhindern soll. Gewalt i. S. d. § 113 Abs. 1 StgB umfasst jeden physisch vermittelten Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes durch den Einsatz körperlicher Kraft oder die Vermittlung psychischer Zwangswirkung. Die Gewalt muss sich dabei unmittelbar oder mittelbar gegen die Person des Vollstreckungsbeamten gerichtet haben.

Unproblematisch darunter zu subsumieren ist das zielgerichtete und Verletzungen billigend in Kauf nehmende Zusteuern eines Fahrzeugs auf einen Polizisten, der eine Verkehrskontrolle (§ 36 Abs. 5 StVO) durchzuführen plant; die bloße Flucht vor der Polizei erfüllt diese Voraussetzungen hingegen nicht, selbst bei Behinderung oder Gefährdung unbeteiligter Dritter.[35]

Examensrelevanz bietet die Konstellation eines (Klima-)Demonstranten, der sich an der Straße festklebt. Mangelt es einerseits an einer aktiven Widerstandshandlung (z. B. ist auch das Sich-Wegtragenlassen ohne Gegenwehr noch kein Widerstand i.S.d. § 113 StGB), so erfordert es andererseits einen nicht unerheblichen zeitlichen und mechanischen Aufwand der Vollstreckungsbeamten, den an sich friedlichen Demonstranten von der Straße „abzukleben“. Das Kammergericht („KG“) Berlin[36] urteilte als erstes Oberlandesgericht, dass ein Widerstand in Betracht komme, wenn die Räumung der Straße durch die Beamten durch das Festkleben derart erschwerte, das es in seiner physischen Wirkung einem Anketten gleichkomme. Gerade auch die lange Zeitdauer von einer Minute pro entferntem Aktivisten sein „ein gewichtiges Indiz für einen gewaltsamen Widerstand.“[37]

2.      Der besondere strafrechtliche Begriff der Rechtmäßigkeit

Nach überwiegender Auffassung ist, um dem kriminalpolitischen Zweck des § 113 StGB gerecht zu werden, nur die formelle Rechtmäßigkeit für die Beurteilung der Diensthandlung maßgeblich und nicht die materielle Richtigkeit des Verwaltungshandeln. Dies gewährleistet die „notwendige Flexibilität“ der (Eingriffs-)Verwaltung. Rechtmäßig ist somit bereits eine Diensthandlung, die im konkreten Fall der (1.) sachlich und örtlich zuständige Beamte (2.) unter Achtung der wesentlichen Förmlichkeiten (3.)[38] bei pflichtgemäßer Würdigung der Eingriffsvoraussetzungen; unvermeidbare Irrtümer würden somit ebenso wenig eine Rechtswidrigkeit bedingen (sog. „Irrtumsprivileg“). Eine andere Ansicht fordert eine verwaltungsrechtliche Wirksamkeit der Maßnahme; diese entfällt gem. § 43 Abs. 3 VwVfG i.d.R. nur bei Nichtigkeit und nicht etwa bloßer Rechtswidrigkeit.

Ein Fehlen der Rechtmäßigkeit wirkt sich nach der h. M. aus wie in unserer Entscheidung angedeutet: In Anlehnung an § 113 Abs. 4 S. 2 StGB wird dem Widerstandsleistenden eine Rechtfertigung durch Notwehr wegen fehlender Gebotenheit versagt, „wenn dem Betroffenen, insbesondere in den Fällen einer erheblichen Verletzungsgefahr für den Amtsträger, die Einlegung eines Rechtsbehelfs zumutbar ist“.[39]

Als objektive Bedingung der Strafbarkeit wird die (strafrechtliche) Rechtmäßigkeit nach dem subjektiven Tatbestand geprüft.[40] Es kommt also nicht darauf an, dass sich der Vorsatz des Täters auch darauf erstreckt, dass sich sein Handeln gegen eine „rechtmäßige Vollstreckungshandlung“ richtet. Vielmehr muss die Rechtmäßigkeit festgestellt werden, um überhaupt eine Strafbarkeit nach § 113 StGB begründen zu können.

II.     Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, §§ 114, 115 StGB

Anno 2017 wurde infolge wachsender Aggressivität gegenüber Vollstreckungsbeamten zu deren Schutz der einst in § 113 StGB geregelte „tätliche Angriff“ in § 114 StGB verselbstständigt. Wir erkennen hierin nun einen weiteren Tatbestand (kein Bezug zu einer Vollstreckungshandlung) sowie eine strengere Strafandrohung. Rechtsgut ist nunmehr vielmehr der Individualschutz der Vollstreckungspersönlichkeiten als der Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen.

Keinen eigenständigen Straftatbestand beinhaltet der § 115 StGB in den Abs. 1 & 2. Er weitet schlicht den Anwendungsbereich von §§ 113, 114 StGB auf Personen aus, die zwar keine Amtsträger sind, aber gleichwohl staatliche Vollstreckungshandlungen vornehmen. Die Personenkreise sind regelmäßig gesetzlich normiert und würden in der Strafrechtsklausur folglich mitabgedruckt werden und sich so dem Prüfling aufdrängen (vgl. Jagd- und Fischereiaufseher, § 25 Abs. 2 BJagdG i.V.m. Landesrecht).

III.   Konkurrenzen zu anderen Delikten

Wie in beinahe jeder Strafrechtsklausur stellen sich sodann auch konkurrenzrechtliche Fragen.

1.      § 240 StGB

Nach allgemein anerkannter Auffassung[41] verdrängt § 113 StGB mit seiner für den Täter überwiegend günstigeren Irrtumsregelung in Abs. 4 als lex specialis den allgemeineren Tatbestand des § 240 StGB. Begründet wird dies auch nach Strafrahmengleichstellung damit, dass jedes Widerstandleisten zugleich den Zweck der Nötigung des Vollstreckungsbeamten zu einer Duldung oder Unterlassung verfolge.[42] Für jene Fälle des Widerstands, die nicht von § 113 StGB erfasst sind, bleibt die Anwendung des § 240 StGB eröffnet (bspw. Gewalt gegen Amtsträger, die keine Vollstreckungsbeamten sind).

2.      § 114 StGB

Das Verhältnis von § 114 StGB zu § 113 StGB ist insbesondere in jenen Fällen anzusprechen, in denen eine Vollstreckungshandlung vorliegt und somit beide Tatbestände einschlägig sind. Eine Spezialität des um ein Merkmal engeren § 113 StGB („bei Vornahme einer Vollstreckungshandlung“) ist sodann aufgrund der artverschiedenen Unrechtsbegründung wohl abzulehnen.[43] Im Gegenteil ist infolge der unterschiedlichen Schutzrichtung zwischen § 113 StGB und § 114 StGB in allen Fällen aus Klarstellungsgründen Tateinheit anzunehmen. Ansonsten bliebe eben das zusätzliche Merkmal des § 113 StGB unberücksichtigt, dass sich der tätliche Angriff neben der Gefährdung von Leib und Leben der Beamten zugleich gegen die staatliche Vollstreckungstätigkeit richtete.

3.      Zusammentreffen mit anderen Delikten

Die Annahme von Tateinheit oder (auch Idealkonkurrenz, § 52 StGB) ist ferner möglich mit Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB, sofern er nicht nur bei Gelegenheit der Widerstandshandlung erfolgt; ebenso mit § 142, § 185, §§ 223 ff. StGB.[44] (bereits der Versuch der KV), §§ 242, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 255, § 303 und § 315b StGB, sofern im letztgenannten, sehr klausurrelevanten Fall das Fahrzeug zweckentfremdet als Nötigungsmittel gegen den Vollstreckungsbeamten eingesetzt wird. Idealkonkurrenz kann ferner vorliegen im Verhältnis von § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB und §§ 52, 52a WaffG (u.a. Führen einer Waffe – wird häufig vergessen). Erfolgt der Widerstand durch Drohung i. S. v. § 241 StGB, so wird von Tateinheit zwischen § 241 StGB und § 113 StGB ausgegangen werden müssen, da § 113 StGB insofern keine Sperrwirkung gegenüber der individualschützenden Norm des § 241 StGB entfaltet.[45]

Und mit diesem Wissen gewappnet, solltet ihr euch gefahrlos sowohl der nächsten Fahrradlichtkontrolle auf der Münsteraner Promenade als auch der strafrechtlichen Nischen- und Konkurrenzklausur stellen können. Viel Erfolg, wir drücken die Daumen (statt sie zu verdrehen)![46]

[1] Zum nachfolgenden Sachverhalt s. OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423.

[2] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423.

[3] FYI: Das strafrechtliche Revisionsverfahren als reine Rechtsfehlerinstanz gem. §§ 333 ff. StPO ist neben der Beschwerde (§§ 304 ff. StPO) und der Berufung (neue Tatsacheninstanz; §§ 312 ff. StPO) eines der drei Rechtsmittel der StPO, welche sich grds. (§ 307 Abs. 1 StPO) durch Suspensiv- und Devolutiveffekt auszeichnen (S: hemmt Eintritt der formellen Rechtskraft; D: Verfahren geht in höhere Instanz).

[4] FYI: § 113 Abs. 3 StGB ist als objektive Strafbarkeitsbedingung erst nach dem subjektiven Tatbestand zu prüfen (zum strafrechtlichen Begriff der Rechtmäßigkeit mehr in der dogmatischen Vertiefung); ebenso der Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen beim Tatbestand der Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 StGB, die „im Rausch begangene Tat“ beim „Vollrausch“ gem. § 323a StGB, die „Nichterweislichkeit der ehrenrührigen Tatsache“ bei übler Nachrede, § 186 StGB.

[5] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 7.

[6] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 9.

[7] Dazu und zum Folgenden OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 10.

[8] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 11.

[9] Zum Ganzen OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 12.

[10] FYI: lat. für „ohne Zorn und Eifer“ (Tacitus); bildungssprachlich für: „ohne emotionale Beteiligung und Parteinahme“, „sachlich und objektiv“.

[11] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 14.

[12] Arloth/Krä, StVollzG, 5. Aufl. 2021, § 91 Rn. 1; KG Berlin, Urt. v. 11.05. 2005 – (5) 1 Ss 61/05 (12/05), NStZ 2006, 414.

[13] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 15 f.

[14] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 17.

[15] FYI: Zum besonderen strafrechtlichen Begriff der Rechtmäßigkeit später mehr in der Dogmatischen Vertiefung.

[16] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 19 f..

[17] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 21.

[18] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 22.

[19] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 22.

[20] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 22.

[21] FYI: Zur Geltung von Grundrechten im „besonderen Gewaltverhältnis“ vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1972 – 2 BvR 41/71, BVerfGE 33, 1.

[22] FYI: Wir erinnern uns: Grundsätzlich kommt es bei der Notwehr natürlich gerade nicht auf eine Verhältnismäßigkeit der Schäden i.S.e. Güterproportionalität an (Merkspruch: Das Recht hat dem Unrecht nicht zu weichen). Gleichwohl kann es im Einzelfall Einschränkungen bedürfen. Hierfür ist gesetzlicher Anknüpfungspunkt die Gebotenheit gem. § 32 Abs. 1 StGB. Die Gebotenheit bezieht sich regelmäßig auf außergewöhnliche Umstände (normative & sozialethische Erwägungen), die z.T. in der Person des Angreifers oder des Angegriffenen liegen. Bekannte Fallgruppen sind die folgenden: 1. Eine Verteidigungshandlung, deren Folgen in krassem Missverhältnis zum drohenden Schaden stehen, ist nicht zulässig. 2. Die Notwehr gegen Angriffe Schuldunfähiger wird durch die Drei-Stufen-Theorie beschränkt. 3. Es stellt sich das Problemfeld der Notwehrprovokation (unterschieden wird die Angriffs– bzw. Absichtsprovokation und jene Fälle, in denen der Notwehrübende sein Recht gem. § 32 StGB zwar nicht zwingend provozieren wollte, aber durch (a.) rechtmäßiges & sozialadäquates (b.) rechtmäßiges & sozialwidriges (c.) oder rechtswidriges Vorverhalten gleichwohl tat). 4. Ebenso werden vereinzelt noch Einschränkungen bei Angriffen i.R.e. einer persönlichen Nähebeziehung gefordert; dies ist gleichwohl streitig, da eine solche Einschränkung de facto eine Pauschallegitimierung für Misshandlungen unter Ehegatten bewirken kann – der Einzelfall entscheidet.

[23] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 26.

[24] vgl. Arloth/Krä,StVollzG, 5. Aufl. 2021, § 89 Rn. 13 m. w. N..

[25] Zum Ganzen OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 27.

[26] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 27.

[27] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 27.

[28] OLG Frankfurt, Urt. v. 21.08.2023 – 3 ORs 13/23, BeckRS 2023, 23423, Rn. 28.

[29] MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB, § 115 Rn. 1, der von der „verfehlten Sicht des Gesetzgebers […] auf Stammtischniveau“ spricht.

[30] FYI (für kritische Juristen): Typische Widerstandshandlungen, für die allein § 113 StGB einschlägig wäre, sind etwa das Stemmen gegen die Laufrichtung der Vollstreckungsbeamten oder das Herauswinden aus einem Haltegriff. Wenn die Politik also eine höhere Prävalenz von schwerer Gewalt gegen Polizisten vorbringt, sollte auch ein Blick auf die Entwicklung der Körperverletzungsstatistik in der PKS geworfen werden.

[31] MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB, § 113 Rn. 8.

[32] MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB, § 113 Rn. 11.

[33] Vgl. Backes/Ransiek JuS 1989, 624 (627).

[34] BeckOK StGB/Dallmeyer, 58. Ed. 1.8.2023, StGB, § 113 Rn. 15.

[35] Vgl. BGH, Urt. v. 30.04. 1974 – 4 StR 67/74, BGHSt 25, 313; Beschl. v. 19.12. 2012 – 4 StR 497/12, NStZ 2013, 336.

[36] FYI: Der Name „Kammergericht“ weicht nicht grundlos von den übrigen Landesjustizstrukturen ab. Das älteste deutsche Gericht, das ohne Unterbrechung gearbeitet hat, war ursprünglich (1468-1735) ein Hofgericht, welches in den Kammern des Königs die oberste Gerichtsgewalt ausübte. In Berlin hielt sich der Name hat sich bis heute. Es ist das höchste ordentliche Gericht Berlins und auf einer Stufe mit den Oberlandesgerichten anderer Bundesländer.

[37] KG Berlin, Beschl. v. 16.08.2023 – 3 ORs 46/23 – 161 Ss 61/23, , NJW 2023, 2792.

[38] FYI: Ausschließlich innerdienstliche Formvorschriften (i.e.: Tragen von Amtskleidung) werden in Ermangelung schutzwürdiger Individualinteressen (insb. Justizgrundrechte) i.d.R. bedeutungslos sein. Wesentlich sind hingegen regelmäßig Belehrungs-, Eröffnungs– und Hinweispflichten, die eine effektive Wahrnehmung entgegenstehender Rechte, aber auch eine autonome Entscheidung zur freiwilligen Befolgung des Verwaltungsbefehls ermöglichen (vgl. etwa §§ 114b, 134 Abs. 2 StPO, §§ 285 Abs. 2, 288 AO); bei Identifizierungsmaßnahmen muss ferner der Verdachtsgrund mitgeteilt werden (§§ 81a, 163b Abs. 1 StPO). Unmittelbarer Zwang ist – soweit möglich (!) – vorher anzudrohen (Stufung der Zwangsmittel).

[39] MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB § 113 Rn. 53.

[40] MüKoStGB/Hohmann, 4. Aufl. 2021, StGB § 136 Rn. 30.

[41] BGH, Urt. v. 10.4.1968 – 4 StR 77/68, BGHSt 22, 221.

[42] FYI: Eine rechtsgutorientierte Betrachtung hingegen würde die Annahme von Tateinheit nahelegen, „da andernfalls der Tatbestand seines eigenständigen Rechtsgutsgehalts beraubt und mangels alternativ widerspruchsfrei zu begründendem Privilegierungscharakter verfassungsrechtlich kaum tragbar ist“ (MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB § 113 Rn. 64).

[43] FYI: In der Gesetzesbegründung über den § 114 StGB spricht der Gesetzgeber, von einem „selbstständigen Straftatbestand … mit verschärftem Strafrahmen“ und lässt die Konkurrenzenfrage somit offen.

[44] FYI: Selbst im Verhältnis zu § 114 StGB besteht Idealkonkurrenz, wenigstens aus Klarstellungsgründen. Die besondere Stellung der angegriffenen Person soll demnach unrechtsprägende Wirkung besitzen, obgleich nach anerkannter (aber umstrittener) Ansicht kein Körperverletzungsvorsatz für § 114 StGB erforderlich ist. Vergleichbares gilt für die im tätlichen Angriff nach Auffassung des Gesetzgebers liegende Missachtung der Repräsentantenstellung des Angegriffenen, so dass auch mit § 185 StGB Tateinheit besteht, vgl. MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB § 114 Rn. 14.

[45] FYI: § 22 VersG erfasst den Widerstand gegen Leiter und Ordner einer öffentlichen Versammlung, nicht hingegen Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte.

[46]

Verfasser:             Christian Lederer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei HLB Schumacher Hallermann.

Supervision:        Dr. Lennart Brüggemann, Rechtsanwalt bei HLB Schumacher Hallermann.

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